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China: Die Zahl der notleidenden Kredite steigt!

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Wirtschaftsverlangsamung in China. In China ist bereits seit mehreren Jahren eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums zu beobachten: Lag es 2010 noch bei über 10%, wurden 2015 gerade einmal 6,9% registriert. Vergangenes Jahr kam sogar die Befürchtung auf, dass die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft eine noch ausgeprägtere Abflachung erleben könnte.

Die chinesischen Behörden griffen deshalb auf dieselben Rezepte zurück wie in der Vergangenheit: Über Investitionsprogramme im Immobilien- und Infrastruktursektor versuchten sie, das Wachstum wieder in Schwung zu bringen. Da diese Maßnahmen vor allem über Schulden finanziert wurden, schwächten sie das System jedoch zusätzlich. In vielen Fällen entstanden sogenannte „Zombie-Unternehmen“, das heißt Unternehmen, die langfristig nicht überlebensfähig sind. Sie werden durch Fördermittel und/oder extrem niedrige Zinsen künstlich am Leben gehalten, nur um Ketteninsolvenzen und Massenentlassungen zu verhindern. Vor allem in den Bereichen Zement, Bergbau, Stahl, Glas und Bau finden sich solche Firmen.

Anteil notleidender Kredite in China nach Branchen (2015)

Quelle: CLSA, Bloomberg, Wind, Basis: EBITDA-Zinsdeckung unter 1x

Der Zentralstaat und seine Banken unterstützen diese „Zombie-Unternehmen“ durch Kredite mit sehr – wenn nicht sogar zu – günstigen Konditionen. Dabei ist durchaus absehbar, dass sie irgendwann nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Schulden zurückzuzahlen. Als Folge werden die notleidenden Kredite der Banken massiv ansteigen, und es kommt zu Rekapitalisierungswellen an der Börse. Dennoch glauben wir nicht, dass Chinas Banken in Konkurs gehen werden – früher oder später eilt ihnen ihr Referenzaktionär, der Zentralstaat, zu Hilfe und stellt die notwendigen Mittel bereit. Zudem verfügt der Staat immer noch über ausreichend Kapital, um dem Bankensystem unter die Arme zu greifen.

Dieser Punkt sollte allerdings relativiert werden: Die direkte Verschuldung des chinesischen Staates liegt bei ca. 55% des BIP (Industrieländer: knapp 90%). Rechnet man jedoch die Schulden der vom Staat gehaltenen Unternehmen hinzu, klettert der Wert kurzerhand auf über 100%. Wird dann auch noch die Gesamtverschuldung der einzelnen Akteure der chinesischen Wirtschaft hinzuaddiert, kommt man auf knapp 300% des BIP (siehe nachfolgende Grafik). Diese Zahl lässt bereits aufhorchen, doch noch alarmierender ist der Anstieg dieser Verschuldung – sie nimmt bereits schneller zu als das nominale Wachstum. Konkret bedeutet dies, dass Chinas Verschuldung rascher ansteigt als seine Wirtschaftsleistung: Um eine BIP-Einheit zu erwirtschaften, sind derzeit vier Einheiten Schulden erforderlich.

Verschuldung Chinas (zu BIP in %) und internationaler Vergleich (2014)

Quelle: MGI Country Debt Database, MCKinsey Global Institute Analysis

Wie können sich Qualitätsunternehmen in diesem Umfeld abheben?

In China herrscht eine politische Entschlossenheit, ein ganzes Sammelsurium von nicht rentablen Unternehmen am Leben zu halten. Das Gefährliche daran: Sobald irgendwann der erste Dominostein umfällt, könnte eine Kettenreaktion entstehen und die ganze Wirtschaft zusammenbrechen. Wenn Chinas Finanzsystem ins Stocken gerät, könnten übermäßig von den Banken abhängige Firmen in Finanzierungsengpässe geraten. Deshalb bevorzugen wir Unternehmen, die einen positiven Cashflow generieren, über eine gesunde Bilanz verfügen und für ihre Finanzierung von Banken unabhängig sind.

In der Alltagsrealität beobachten wir seit mehreren Jahren einen konstanten Anstieg der „Forderungen“ in den Unternehmensbilanzen. Anders ausgedrückt: Es wird für Unternehmen immer schwieriger, die Zahlungsfristen ihrer Lieferanten einzuhalten (siehe untenstehende Grafik). Damit steigt das erforderliche Betriebskapital, weil die nachlassende Endnachfrage zu höheren Lagerbeständen führt.

Debitorenlaufzeit in Tagen + Dauer der Lagerauffüllung in Tagen

(Asien ohne Japan ggü. China, Nicht-Finanz-Unternehmen)

Quelle: Factset, CLSA

Qualitätsunternehmen zeichnen sich häufig durch Wettbewerbsvorteile aus. Genau diese Wettbewerbsvorteile erlauben es den Qualitätsunternehmen, bei ihren Kunden kürzere Zahlungsfristen durchzusetzen. Häufig arbeiten sie auch mit einem geringeren oder sogar negativen Betriebskapital, das heißt diese Unternehmen begleichen Lieferantenrechnungen erst nach der Lieferung, während der Zahlungseingang vom Kunden früher erfolgt.

Aus unserer Sicht ist dieses Detail im aktuellen Umfeld in China von herausragender Bedeutung. Vor jeder Investitionsentscheidung nehmen wir derzeit die Forderungen der Unternehmen genau unter die Lupe. Nur diejenigen, die auf dieser Ebene sehr risikoarm sind, haben bei uns eine Chance. Denn bei Unternehmen mit übermäßig hohen Forderungen besteht früher oder später die Gefahr, dass diese ausfallen. Ein Teil des Umsatzes muss dann abgeschrieben werden – ähnlich den uneinbringlichen Krediten im Bankensektor.