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Im aktuellen Wirtschafts- und Finanzumfeld, das geprägt ist von überschuldeten Staaten und historisch niedrigen Zinsen, wird es immer schwieriger, Anlagemöglichkeiten mit langfristig attraktiven Renditeaussichten und begrenztem Risiko zu finden. Infolgedessen sind Aktien von Qualitätsunternehmen aufgrund ihres Ertragspotenzials eine interessante Anlage.

Sechs Fragen an Ivan Bouillot, Fondsmanager des BL-European Family Businesses. Ivan, warum investiert dieser Fonds speziell in Familienunternehmen?

Ivan Bouillot (IB): Wir beobachten Familienunternehmen seit vielen Jahren. Ihr Profil, das unserem Anlageansatz entspricht, gefällt uns sehr. Ein Familienunternehmen besitzt per definitionem einen auf lange Sicht stabilen Referenzaktionär, der ähnliche Interessen verfolgt wie das Unternehmen, und der beabsichtigt, ein längeres Projekt zu entwickeln. Auch in der täglichen Geschäftsführung zeigt es die Besonderheiten des Familienunternehmertums. Diese beiden komplexen Beweggründe verleihen ihm einen besonderen Status – nicht wie bei einem Unternehmen im Streubesitz, das sich stärker an finanziellen Vorgaben orientiert.

Somit haben wir die Initiative ergriffen und mit dem BL-European Family Businesses einen neuen Fonds aufgelegt, der die Stichhaltigkeit dieses Geschäftsmodells herausstellen sollte. Dieses „Anlagethema“ wollten wir somit weniger in unseren beiden bereits bestehenden europäischen Aktienfonds BL-Equities Europe und BL-European Smaller Companies aufweichen.

 

Was sind die Besonderheiten eines Familienunternehmens?

IB: Das Vorgehen eines Familienunternehmens setzt eher auf Kontinuität und Widerstandsfähigkeit als auf Entwicklung um jeden Preis: Die Familie hat eine Verpflichtung von einer Generation zur nächsten, und sie will ein nachhaltiges Projekt aufbauen und weitergeben. Daher folgt das Unternehmen einem klar festgelegten Kurs mit den gegebenen notwendigen Mitteln; es überschätzt seine Fähigkeiten nicht, und es nimmt sich die für dieses Projekt nötige Zeit. In diesem vermögenstechnischen Kontext ist die Strategie also vorsichtiger, zeugt aber trotzdem von unternehmerischer Dynamik. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Stärken ist vermutlich einer der Eckpfeiler ihres Erfolgs und ihrer Langlebigkeit, und es verleiht ihnen ein langfristig stabileres Risikoprofil.

Weiterhin agiert die Geschäftsführung über die bloßen wirtschaftlichen Vorgaben hinaus, weshalb das Unternehmen nahe an seinen Kunden bzw. Zulieferern ist und seine Kundenbeziehungen stärker auf Partnerschaft und Vertrauen aufbaut. Auch gegenüber seinen Mitarbeitern zeigt es Verantwortung, da Humankapital als Basis ihres Erfolgs gesehen wird. Die so entstehende Loyalität und das Engagement sorgen für Produktivität und Reaktionsfähigkeit. Dank dieser Faktoren werden Organisation und Marktpositionierung des Unternehmens gestärkt.

Schließlich bestimmt die Familie die „DNA“ des Unternehmens, seine tiefer liegenden Praktiken und seine Haltung; sie überträgt dem Unternehmen ihre Vision und ihre Werte. Daher wird die starke Unternehmenskultur geprägt von ganz spezifischen Werten: Engagement, Integrität, Bescheidenheit und Leidenschaft.

 

Lässt sich bei Familienunternehmen eine spezielle Finanzierungsstrategie erkennen?

IB: Ja, Familienunternehmen achten stark auf die familiäre Unabhängigkeit, auf das Risiko einer Kapitalverwässerung bei einer Kapitalerhöhung sowie auf die langfristige Flexibilität des Unternehmens. Sie wollen ihre finanzielle Unabhängigkeit erhalten. Damit wird eine Eigenfinanzierung ohne große Verschuldung bevorzugt, um die Solidität der Bilanzen zu gewährleisten. Finanzielle Instabilität wird häufig vermieden, um das Familienvermögen nicht zu gefährden.

 

Wie identifizieren Sie die Unternehmen für das Portfolio, und welche Auswahlkriterien wenden Sie an?

IB: Wir wählen die Unternehmen von zwei Blickwinkeln her aus: Zunächst stellen wir die Definition des Familienunternehmens fest, dann bewerten wir ihr Qualitätsprofil mithilfe unserer Methodik des „Business-Like Investing“ (BLI).

Es handelt sich um europäische Gesellschaften, deren Kapital zu einem unterschiedlichen Teil von einer Familie gehalten wird, von familiären Interessen (bei generationsübergreifenden Unternehmen) oder von einem einzigen Unternehmer (wenn es die erste Generation ist). Dieser Besitz ist auf mindestens 25 % der Stimmrechte festgesetzt, da damit tatsächlich die strategische und operative Richtung des Unternehmens vorgegeben werden kann. Wichtig ist uns ebenfalls eine aktive Beteiligung der Familie am Leben des Unternehmens, sei es in operativen Funktionen oder durch ihre – direkte oder indirekte – Tätigkeit im Verwaltungsrat. Wir achten ebenfalls auf familiäre und gesellschaftliche Werte in der Unternehmenskultur sowie auf die erklärte Absicht, den Fortbestand des Familienunternehmens zu erhalten.

Sobald die Definition des Familienunternehmens bestätigt ist, gehen wir entsprechend dem unternehmerischen Ansatz von BLI vor. Das heißt jede Anlage wird von uns als langfristige Beteiligung am Unternehmenskapital verstanden. Das Unternehmen muss strenge Kriterien erfüllen, nicht zuletzt die Absicht, einen Wettbewerbsvorteil, solide Fundamentaldaten und eine überzeugende Unternehmensstrategie zu entwickeln.

 

Was kennzeichnet den Fonds?

IB: Wir haben uns entschlossen, ein diversifiziertes Portfolio mit derzeit rund 80 bis 90 Unternehmen aufzubauen, um aus einem breiten Spektrum an Nischenunternehmen mit einer möglicherweise geringen Liquidität auswählen zu können. Damit haben wir Zugang zu heterogenen Abnehmermärkten mit ganz eigenen Wachstumschancen: hochwertige Fitnessgeräte (Technogym), technische Textilien (Sioen), Verbindungstechnologie (Bossard), Korkprodukte (Corticeria Amorim), Milchprodukte (Fromageries BEL), Medizinprodukte für ältere Menschen (Bastide), Software für Robotisierung und Automatisierung (Isra Vision). Auch an größeren Unternehmen, in denen die Familie nach wie vor sehr präsent ist, halten wir Beteiligungen, beispielsweise an Henkel, LVMH, Coloplast, Rational oder Luxottica.

Betrachtet man typische europäische Familienunternehmen, so ist das Portfolio in die klassischen Branchen Konsum, Industrie, Bau, Gesundheitswesen und Technologie investiert. Dagegen sind weder Wirtschaftszweige mit hoher Kapitalintensität noch Finanztitel enthalten, bei denen wir – insbesondere aufgrund des höheren Finanzierungsbedarfs – weniger Familienunternehmen finden. Gleichzeitig konzentriert sich das Portfolio auf Frankreich, Italien, Deutschland, die Schweiz und Belgien und hält nur ganz wenige Positionen in Großbritannien.

 

Der Fonds wurde im Dezember 2016 aufgelegt. Wie lautet Ihre Bilanz etwa acht Monate nach der Markteinführung?

IB: In puncto Performance wurden positive Ergebnisse erzielt, wobei die Entwicklung hier noch viel zu kurz ist, um einen solchen Parameter bewerten zu können. Was uns jedoch beruhigt, ist seine bisherige Fähigkeit, Marktschwächen abzufedern. Diese uns sehr wichtige Eigenschaft haben die Familienunternehmen historisch unter Beweis gestellt. Zufrieden sind wir auch mit der Portfolioqualität und den Kontakten zu den Unternehmen. Diese stimmen uns zuversichtlich, was die langfristigen Aussichten unserer Investments angeht, da sehr viele Unternehmen ein gutes Potenzial für strukturelle Entwicklung haben und von einer guten Dynamik und Governance geprägt sind.

Ivan Bouillot, Equity Fund Manager

Nach einer zweijährigen Erfahrung als Portfoliomanager und Investmentberater bei der Banque Degroof Luxembourg kam Ivan 2000 als Finanzanalyst für europäische Aktien zur Banque de Luxembourg. Seit 2004 zeichnet er für das Management von europäischen Aktieninvestments für die Fonds der Bank verantwortlich. Ivan verfügt über einen Abschluss in Handel und Finanzen der Hochschule ICHEC, Brüssel. Zudem besitzt er die beiden Finanzanalysten-Abschlüsse CEFA (seit 2000) und CFA (seit 2006).

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