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Eine meiner ersten Erfahrungen als Kredit-Analyst mit den Schwellenländern war die Argentinien-Krise 2001: Kaum war ich ins Berufsleben eingetreten, musste ich den im Rückblick größten Zahlungsausfall eines souveränen Staates in der Finanzgeschichte verstehen.

Eine meiner ersten Erfahrungen als Kredit-Analyst mit den Schwellenländern war die Argentinien-Krise 2001: Kaum war ich ins Berufsleben eingetreten, musste ich den im Rückblick größten Zahlungsausfall eines souveränen Staates in der Finanzgeschichte verstehen. Die Anleger waren zum damaligen Zeitpunkt noch traumatisiert von den wiederholten Krisen, die diese Aktivaklasse in den zwei vorangehenden Jahrzehnten ereilt hatten. Denn die damals jüngsten Krisen waren beileibe nicht die kleinsten: 1994 die Tequila-Krise in Mexiko, 1997 die Asien-Krise und 1998 die Rubel-Krise, in deren Folge die Rückzahlung ausländischer Schulden ausgesetzt wurde. Alle diese Länder – u.a. Russland, Argentinien, Südkorea, Mexiko, Brasilien – waren der Kern einer Gruppe von Staaten, die immer noch unter dem Begriff „Schwellenländer" zusammengefasst werden. Heute, knapp 20 Jahre später, fällt es den Jüngeren unter uns sicherlich schwer, sich vorzustellen, dass Mexiko und Brasilien in den 1980er- und 1990er-Jahren eine Hyperinflation erlebten. Vielleicht haben sie wie ich in wirtschaftswissenschaftlichen Lehrwerken davon gelesen, oder in Geschichtsbüchern.

Inflation Brasilien

Quelle: Bloomberg, IBGE

Mexiko wurde lange Zeit mit dem Begriff Tequila-Krise assoziiert. Und schon die Erwähnung des Anleihemarkts im Zusammenhang mit Emittenten wie Brasilien, Argentinien, Ecuador und sogar Polen erinnerte unweigerlich an „Brady Bonds"(1). 1996 hatte Polen nur ein BB-Rating von S&P, und Südkorea war 1998 lediglich mit B+ geratet. Südliche Länder, Dritte-Welt-Länder, unterentwickelte Länder und Least Developed Countries (LDC)(2), vielleicht sogar BRIC-Staaten(3)sind Begriffe, die heute der Vergangenheit angehören. In den 1980er-Jahren prägte die Weltbank allmählich die Bezeichnung „Emerging Markets" (Schwellenländer), wobei die genaue Zusammensetzung der Gruppe der Schwellenländer je nach Unternehmen/Institution, von JP Morgan über Morgan Stanley bis zum IWF, unterschiedlich ausfällt.

In den 1990er-Jahren führte die Internationale Finanz-Corporation den Begriff Frontier-Märkte für eine Gruppe von Ländern ein, deren Börsen noch zu klein waren, um sie wirklich als Schwellenländer zu bezeichnen. Später wurde der Begriff Frontier-Märkte auch für die Rentenmärkte benutzt. Der im Dezember 2011 von JP Morgan aufgelegte NEXGEM-Index(4) umfasst rund 30 Länder mit einem durchschnittlichen Rating von B+. Die Mongolei (B+), Vietnam (BB-), Sambia (B+), Bolivien (B) und der Senegal (B) zählen zu den Emittenten dieses neuen Index. Rentenportfoliomanager nutzen ihn, um bereits in diese Länder zu investieren, bevor ihre Kapitalmärkte richtig entwickelt sind. Der Index bietet eine Historie bis zum Dezember 2001.

Die große Mehrheit der oben aufgeführten Schwellenländer sind mittlerweile „Investmentgrade"-Emittenten. Interessanterweise haben die Frontier-Märkte heute Ratings wie sie Mexiko, Brasilien oder Südkorea in den 1990er-Jahren hatten. Ihre Fundamentaldaten sind in vielen Fällen gleichwertig oder besser: eine für den Wirtschaftstyp niedrige Inflationsrate, ähnliche Verschuldungsniveaus, teils bessere Leistungsbilanzsalden und Haushaltsdefizite. Genau wie die Schwellenländer umfassen die Frontier-Märkte ganz unterschiedliche Volkswirtschaften. Es gibt Rohstoffproduzenten und -exporteure, beispielsweise die Mongolei und Gabun, aber auch diversifiziertere oder weniger auf die Nutzung natürlicher Ressourcen ausgerichtete Volkswirtschaften wie Guatemala und Vietnam.

  

Quelle: Trading Economics

 

 (1) Von Nicholas Brady, dem US-Finanzminister unter Ronald Reagan, in den 1980er-Jahren konzipierte Finanzinstrumente, die im Rahmen eines Restrukturierungsprozesses ausgegeben wurden.

 (2) Am wenigsten entwickelte Länder

 (3) Akronym für die wirtschaftlich stärksten Staaten unter den Schwellenländern: Brasilien, Russland, Indien und China.

 (4) Next Generation Market Index

Jean-Philippe Donge, Head of Fixed Income

Nach Abschluss seines Studiums als Wirtschaftsingenieur an der belgischen Louvain School of Management führte Jean-Philippes Weg nach Finanzzentrum Luxemburg. Er kam 2001 zur Abteilung Asset Management der Banque de Luxembourg. Nach dreijähriger Tätigkeit in den Bereichen Analyse und Research ist Jean-Philippe auf die Übernahme eines Fonds vorbereitet: 2003 übernahm er das Management einiger Rentenfonds der Sicav BL, darunter den mehrfach ausgezeichneten BL-Global Bond, der mehrfach prämiert wurde, unter anderem als bester europäischer Rentenfonds in Euro.

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