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Verantwortliche Geldanlagen sind in aller Munde. Sie werden in großer Zahl angeboten und mit den immer gleichen Argumenten angepriesen. Aber der unterschwellige moralische Druck, der dabei oft aufgebaut wird, bringt selbst nichtrauchende, mülltrennende und aus Umweltgründen nur kurz unter die Dusche springende Hybridfahrzeugbesitzer dazu, sich – gewissermaßen in einer Abwehrreaktion – Zigaretten zu kaufen, ein volles Wannenbad zu nehmen oder unsortierten Hausmüll absichtlich in der Biotonne zu entsorgen.

Vorsicht, Baustelle!

Viele Vermögensverwaltungsgesellschaften betonen, dass sie nachhaltige Geldanlagen nicht erst jetzt entdeckt haben, sondern über Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Aber ist das wirklich so? Die Vereinten Nationen haben die Ziele für nachhaltige Entwicklung erst 2015 festgelegt – im selben Jahr, in dem auf der Weltklimakonferenz in Paris ehrgeizige Ziele für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes formuliert wurden.

Die konkrete Messung und Veröffentlichung von Daten über die Nachhaltigkeit von Unternehmen ist zwar noch lange nicht selbstverständlich, aber Maßnahmen für das Berichtswesen werden entwickelt. Die CO2-Bilanz ermöglicht eine Erfassung der direkten oder indirekten Emissionen von Treibhausgasen eines Unternehmens und ist eine der am weitesten fortgeschrittenen Initiativen. Sie kommt bei immer mehr Unternehmen zum Einsatz. Berichterstattung, in der der Begriff der Kreislaufwirtschaft umgesetzt wird, bleibt jedoch eine gewagte Sache – Kreislaufwirtschaft verweist auf ein nachhaltigeres Wirtschaftsmodell, bei dem Verbrauch und Verschwendung von Ressourcen (Wasser, Energie, Rohstoffe) und auch die Erzeugung von Abfällen begrenzt sind. Konkret bedeutet dies: Es werden positive Kreisläufe geschaffen, in denen Rohstoffe und Energie ständig wieder rückgeführt werden. Erst seit 2019 müssen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten in Frankreich auf der Grundlage eines Index mit fünf Kriterien angeben, welche Maßnahmen sie umsetzen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern in ihren Teams zu erreichen. Die Ratingagenturen, die sich auf die Analyse nicht-finanzieller Daten spezialisiert haben, sind sich bei der Vergabe von Bewertungen an Unternehmen nicht immer ganz einig. Ihre unterschiedlichen Bewertungen verwirren eher, und es ist außerdem nicht sicher, inwiefern man ihnen vertrauen kann. In diesen Unterschieden liegt allerdings auch etwas Beruhigendes: Sofern dieser Zustand anhält, verläuft die Entwicklung recht undogmatisch. Unabhängig von ihrer Erfahrung auf dem Gebiet der nachhaltigen Geldanlagen verändern die Vermögensverwaltungsgesellschaften daher ihre Geschäftspraktiken und gehen dabei immer umfassender vor.

Anpacken statt Perfektionismus

Geradlinig verläuft diese Entwicklung nicht – und manche Kurven müssen sehr vorsichtig genommen werden. Vor allem sollte man sich möglichst vor schlammigen Pfaden und „Greenwashing hüten, weil es die Glaubwürdigkeit aller Beteiligten beschädigen kann. Manches funktioniert aber auch sehr gut und bringt konkrete Fortschritte, weil sich Entschlossenheit auszahlt. Anlässlich der 25. Weltklimakonferenz in Madrid unterzeichneten nicht weniger als 631 Investoren aus aller Welt mit einem verwalteten Vermögen von insgesamt 37.000 Milliarden US-Dollar einen offenen Brief, in dem die Staaten für ihr Engagement in Sachen Klimaschutz zur Verantwortung gezogen werden sollen. Es handelt sich um eine der bisher größten gemeinsamen Aktionen von Finanzmarktteilnehmern, die auf die globale Erwärmung aufmerksam machen soll. Die Investoren empfehlen den Staaten, das Konzept zur Klimaberichterstattung der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) anzunehmen (Quelle: Website Novethics, 09.12.2019). Die Unternehmen selbst gehen voran. Im Rahmen der 2015 vom Carbon Disclosure Project (CDP), dem WWF, dem World Resources Institute (WRI) und den Vereinten Nationen initiierten Initiative „Science Based Targets (iSBT) legten 285 Unternehmen sich auf Ziele zur Verringerung ihrer CO2-Emissionen fest, um den Empfehlungen des Intergovernmental Panel on Climate Change zu folgen. Gemeinsam sind diese 285 Konzerne jedes Jahr für 752 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen verantwortlich; das ist mehr, als Frankreich und Spanien zusammen pro Jahr verursachen. Eine Reduzierung ihrer Emissionen um 35 % entspräche somit der Schließung von 68 Kohlekraftwerken (Quelle: Les Echos vom 06.12.2019).

Daher muss immer wieder betont werden, wie viele verschiedene Wege zum Ziel führen – denn die Verbraucher lassen sich nicht täuschen. Sie schauen genau, welche Wertpapiere ein nachhaltiges Portfolio enthält, und hinterfragen diese oft. Das ist völlig normal. Die Erläuterung von Hintergründen ist daher unerlässlich – man muss sich die Zeit nehmen, um zu erklären, dass nachhaltige Finanzwirtschaft nicht bedeutet, nur mit rundum perfekten Unternehmen zu arbeiten. Nichts ist ausschließlich schwarz oder weiß. Amazon-Titel in einem Fondsportfolio mit dem Anlagethema Energiewende unterzubringen, ist sicher kein Selbstläufer. Allerdings plant Amazon, die Zielsetzungen des Klimagipfels von Paris zehn Jahre vor dem festgelegten Zeitpunkt (2040) zu erreichen, und hat bereits zugesagt, bis 2030 vollständig mit erneuerbaren Energien zu arbeiten und bis 2040 komplett CO2-neutral zu sein. Konkret bedeutet dies Investitionen von 440 Millionen US-Dollar für die Anschaffung von 100.000 Elektrofahrzeugen, um die Emission von vier Millionen Tonnen CO2 zu vermeiden. Auch bei Danone darf man diese Fragen stellen. Sicher – das Unternehmen verkauft Wasser in Plastikflaschen. Aber Danone besteht nicht nur aus Evian oder Volvic, und dank seines – mit gutem Beispiel vorangehenden – CEO Emmanuel Faber kann der Konzern solide Ergebnisse im Bereich CSR (soziale Verantwortung von Unternehmen) vorweisen. Das Unternehmen rechnet damit, bis 2050 klimaneutral zu werden, und hat den CO2-Fußabdruck durch Nutzung erneuerbarer Energien an 34 % der Produktionsstandorte bereits um 15,6 % reduziert. Außerdem konnte Danone den Wasserverbrauch in seinen Werken um 50 % verringern (Quelle: usinenouvelle.com, Artikel vom 14.11.2019, 9.00 Uhr). Natürlich sind die Anlagethesen für Amazon und Danone weniger offensichtlich als beim Windkraftanlagenhersteller Vestas, aber auch die CO2-neutrale Stromproduktion durch Windkraft ist nicht unumstritten. Man sollte stets bedenken, dass jedes Unternehmen – vor allem die ganz großen – seine Schattenseiten hat. Deshalb haben Geldanlagen nach ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance – oder jede andere Bezeichnung, welche darauf hinweisen soll, dass positive Zielsetzungen vorhanden sind) immer auch eine „frustrierende“ Seite. Denn, wie wir alle, müssen auch diese Anlagen sich ihren Widersprüchen stellen und sind sehr unausgewogen. All dies sollte Anleger jedoch weder entmutigen noch soll es die Tatsache verbergen, dass sichtbare und aussagekräftige Ergebnisse erwartet werden.

Die nachstehenden Beispiele zeigen, dass sich das Thema Klimawandel leicht in konkrete Anlagethemen fassen lässt. Es geht darum, Unternehmen zu suchen, die sich für einen Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft engagieren oder die sich bemühen, Lösungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu finden. Einige der von den Vereinten Nationen definierten Ziele für nachhaltige Entwicklung sind sehr konkret:

1- Maßnahmen zum Klimaschutz,

2- Bezahlbare und saubere Energie,

3- Industrie, Innovation und Infrastruktur.

Ebenso können Unternehmer, die sich Ziele zur Einsparung oder Wiederverwertung der Ressourcen setzen, das Problem der Ressourcenverknappung angehen. Themenfonds „Wasser“ entsprechen somit den nachhaltigen Entwicklungszielen sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen sowie nachhaltige/r Konsum und Produktion. Dennoch sind nicht alle nachhaltigen Entwicklungsziele geeignet, in der unternehmerischen Praxis umgesetzt zu werden. So ist bei bestimmten Zielen der Einfluss der Unternehmen weniger ersichtlich oder sogar weniger legitim. Man sollte sich daher vor den Versuchen mancher Anlageverwalter, diese Ziele in die Verkaufsargumente ihrer Produkte aufzunehmen, in Acht nehmen.

Realistisch bleiben

Wer verantwortliches Investieren fördert und gleichzeitig versichert, dabei stets überdurchschnittliche Erträge zu erzielen, geht eine gewagte Wette ein. Wird das Versprechen nicht eingelöst, sind die Anleger vermutlich enttäuscht. Ein auf Wachstumswerte setzender Anlagestil, der dem verantwortlichen Investieren am stärksten entspricht, hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Gestützt wurde dies unter anderem durch die Zinssenkungen der Zentralbanken, allen voran der US-Notenbank Federal Reserve. Ein Value-Ansatz konnte seine Stärken dagegen nur in geringem Maße ausspielen. Eine Konjunkturwende und steigende Zinsen könnten sich zumindest zeitweise negativ auf die hervorragende Entwicklung der Wachstumswerte auswirken. Betrachtet man die Branchengewichtung und die Tendenzen gewisser nachhaltiger Fonds, wird Folgendes offensichtlich: Sie enthalten viele Titel von Versorgungsunternehmen, die stark von staatlichen Vorschriften abhängen, viel Industrie, besonders Rohstoffe, konjunktursensible Branchen und außerdem viele Technologiewerte. Diese Schwerpunkte sind klar begründet: Unternehmen, aus dem Bereich der Wasserversorgung und Abwasseraufbereitung oder der Abfallverwertung sind im Versorgungssektor tätig. In der Industrie findet man Spezialfirmen für Automatisierungstechnik, Robotertechnik und Infrastruktur. Im Rohstoffsektor befinden sich unter anderem Firmen, die die Rohstoffe von morgen entwickeln, die gute Isoliereigenschaften und wenig Energie verbrauchen. Der Technologiesektor? Beispielsweise Software, welche alle Branchen für Innovationen, Prüfverfahren und zur Umsetzung benötigen. Angesichts dieser vielen Herausforderungen werden massive Investitionen benötigt, und nur gut aufgestellte Unternehmen werden davon profitieren. Unabhängig von der Zyklizität ihres Geschäftsmodells werden nur die Unternehmen Erfolg haben, die über Wettbewerbsvorteile und solide Fundamentaldaten verfügen – trotz der Volatilität, die mit Sicherheit wieder auftreten wird.

Positive Veränderungen im Blick

Ja, nachhaltige Finanzprodukte sind gerade der „letzte Schrei“. Ja, viele Vermögensverwaltungsgesellschaften möchten Vorreiter sein, als unverzichtbarer Ansprechpartner in diesem Bereich gelten oder wollen das Thema mit aller Kraft zu ihrem Markenzeichen machen. Ja, Nachhaltigkeits-Ratingagenturen und Unternehmen, die Indizes, Labels und Charts erstellen, besetzen das Thema. Sie sind aber nicht unbedingt hilfreich, wenn es darum geht, das Thema weniger komplex zu gestalten. Ja, die Unvollkommenheit liegt auf der Hand.

Aber worüber beschweren wir uns? Wir befinden uns in einer zwar chaotischen, aber sehr spannenden Phase, die vor allem Strukturen schafft. Die Verwaltungsgesellschaften nehmen sich des Themas langfristig an, und ihre Rolle ist alles andere als belanglos. Ihr Engagement bei der Definition eines soliden Anlageprozesses außerhalb von reinen Finanzkriterien ist besonders wichtig, ebenso ihre Fähigkeit, die Beteiligung und das Vertrauen der Endanleger zu gewinnen, indem sie ihnen beweisen, dass ihre Ersparnisse auch dann Früchte tragen, wenn sie nachhaltig angelegt werden. In diesem Umfeld ist es ein Vergnügen, an dieser neuen Dynamik teilzuhaben und sie voranzutreiben.

Fanny Nosetti, Head of Multi-Management

Fanny stammt aus dem Süden Frankreichs und arbeitet seit 1997 in Luxemburg. Nach einer ersten Berufserfahrung bei einer französischen Bank kam sie 2000 zur Banque de Luxembourg.

Hier spezialisierte sie sich auf die Fondsanalyse und das Management von Dachfonds. Fanny besitzt ein DESS-Diplom in Betriebswirtschaft der französischen Universität Nancy. In der Verwaltungsgesellschaft der Bank leitet sie das Multi-Management-Team, das für die Fonds anderer Anbieter und Dachfonds verantwortlich ist. Als Studentin der Angewandten Wirtschaftswissenschaften an der Universität Aix-Marseille III erwarb sie ihren Universitätsabschluss an der McGill-Universität im kanadischen Montreal.

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