Luxemburg
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Da wir zunächst einmal weitere Details zur Ausrichtung der neuen US-Regierung abwarten wollten, folgen unsere Ansichten nach der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten mit einigen Tagen Verspätung. Hier sind die Punkte, die uns wichtig erscheinen.

Die Reaktion der Märkte:

  • Es ist interessant festzustellen, mit welcher Schnelligkeit die Anleger/Märkte von der Aussage „Trump = Katastrophe“ zu „Trump = Retter der US-amerikanischen Wirtschaft“ gewechselt sind. Interessant ist auch zu sehen, wie jene, die von einer starken Einschränkung der Rolle des Staates sprachen, jetzt auf eine starke Erhöhung der staatlichen Ausgaben setzen, um die Wirtschaft zu stimulieren.
  • Der Markt antizipiert eine Wachstumsbeschleunigung vor allem mit Hilfe der Ausgaben für die Infrastruktur und einer massiven Steuersenkung für Haushalte und Unternehmen. Infolgedessen hat der Markt im Vorgriff auf die Inflation das Defizitbudget nach oben korrigiert. Diese Faktoren haben einen Wiederanstieg der Anleihezinsen verursacht: die zehnjährige Staatsanleihe stieg innerhalb weniger Tage von 1,80 % auf 2,30 %.

 

Zehnjahreszins in den USA

Quelle: Bloomberg

 

  • Auf den Aktienmärkten konnten insbesondere die zyklischen Branchen sowie Finanzwerte zulegen: erstere profitierten von der Erwartungshaltung, die Infrastrukturausgaben anzukurbeln, zweite von einer steileren Zinskurve sowie einer eventuellen Finanzderegulierung. Mit Ausnahme der Gesundheitsbranche, die das Inkrafttreten strikterer Kontrollen für Medikamentenpreise unter Hillary Clinton befürchtet hatte, haben traditionell eher defensiv angesehene Branchen hingegen unter dem Wiederanstieg der Zinsen und den Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Rest der Welt gelitten. Diese Unsicherheiten (sowie die Furcht vor Repressalien) haben auch den Technologiesektor belastet – trotz der Möglichkeit einer „Steueramnestie“ für große Technologieunternehmen hinsichtlich der Rückführung von Liquidität, die diese im Ausland halten.

 

Kursentwicklung über drei Monate 

Quelle: Bloomberg

 
  • Auf regionaler Ebene haben die Schwellenländer unter dem Anstieg des US-Dollars gelitten (ein nicht unerheblicher Anteil ihrer Verschuldung ist in USD), dem Wiederanstieg der Anleihezinsen und der Furcht vor Handelseinschränkungen. Der mexikanische Markt war hiervon natürlich besonders stark betroffen. Das andere Extrem war der japanische Markt: nach einer anfänglichen Panik profitierte dieser von der Abwertung des Yen.
  • Die Vorwegnahme eines beschleunigten Wachstums in den USA hat außerdem dank des Wiederanstiegs der Anleihezinsen und in Erwartung einer restriktiveren Federal-Reserve-Geldpolitik zu einem Anstieg des US-Dollars geführt. Die gleichen Voraussetzungen sind die Gründe für den gesunkenen Goldkurs.

 

Die wirtschaftlichen Betrachtungen:

Steht die Wahl von Donald Trump wirklich für einen Paradigmenwechsel in der Wirtschaft? Hier einige Überlegungen:

  • Ungeachtet der Wachstumszahlen im dritten Quartal (Wachstum von 2,9 % gegenüber 1,4 % im zweiten Quartal) zeigt die US-Wirtschaft Anzeichen einer Verlangsamung, denn die Zahl für das dritte Quartal erklärt sich zum Teil durch einmalig auftretende Faktoren. Diese Verlangsamung ist normal, denn der aktuelle Expansionszyklus begann vor mehr als sechs Jahren. Ein großer Teil der unterschwelligen Nachfrage, die sich in einer Rezessionsphase akkumulieren kann, ist heute befriedigt.
  • Unabhängig von einer etwaigen Erhöhung der Leitzinsen durch die Federal Reserve Anfang Dezember kommen der Wiederanstieg der Anleihezinsen (und somit auch der der Hypothekenzinsen) sowie die Aufwertung des US-Dollars bereits einer bedeutenden Straffung der monetären Bedingungen gleich und werden auf das Wirtschaftswachstum drücken. Dies umso mehr, als dass die Verschuldung der drei wichtigsten Nicht-Finanzbranchen (Haushalte, Unternehmen und öffentliche Hand) im Jahresverlauf weiterhin stark anstieg (absolut und relativ im Verhältnis zum BIP).
  • Die allgemeine massive Überverschuldung macht die Wirtschaft bei jedem Wiederanstieg der Zinsen sehr verletzbar. Der niedrige Schuldendienst ist der einzige Grund, warum diese Überverschuldung die Wirtschaft noch nicht in eine Rezession getrieben hat. Es ist möglich, dass die Maßnahmen, die die zukünftige Trump-Regierung umsetzen wird, Inflation verursachen wird, vor allem dann, wenn diese Maßnahmen sich hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen in Richtung eines bestimmten Protektionismus orientieren werden. Es stimmt, dass eine der häufig genannten möglichen Lösungen der Schuldenkrise vorsieht, Inflation zu stimulieren, um die Überverschuldung zu reduzieren, denn Inflation verringert die Realkosten der Verschuldung. Allerdings kann dies nur funktionieren, wenn die Zinsen trotz Anstiegs der Inflation niedrig bleiben.
  • Die Erwartungen, die in eine Wirtschaftsbeschleunigung durch höhere Infrastrukturausgaben gesetzt werden, erscheinen unverhältnismäßig. Zunächst einmal wird das Gros der Infrastrukturausgaben in den USA auf regionaler und nicht auf föderaler Ebene entschieden. Darüber hinaus werden mögliche durch die Trump-Regierung getroffene Entscheidungen hinsichtlich öffentlicher Ausgaben bzw. Steuererleichterungen frühestens nach zwölf bis 18 Monaten ihre Früchte tragen (und dann auch nur unter der Voraussetzung, dass diese Maßnahmen auf eine entsprechend intelligente Art und Weise angegangen werden, damit diese einen positiven Multiplikatoreneffekt auf die Wirtschaft haben).

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich das US-Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten verlangsamen dürfte, geht man davon aus, dass die Wahl von Donald Trump keine Welle des Optimismus auslösen wird, die wiederum einen starken Anstieg des privaten Konsums bzw. der privaten Investments hervorriefe. Ein solcher Anstieg wäre allerdings nicht haltbar angesichts der finanziellen Lage von Haushalten und Unternehmen.

 

Auswirkungen auf unsere Anlagestrategie:

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich hieraus für die Anlagestrategie?

  • Die wirtschaftliche Realität hat sich in wenigen Tagen nicht verändert. Diese Realität besagt, dass der Wiederanstieg der Anleihezinsen in einem von allgemeiner Überschuldung geprägten Umfeld zu einer konjunkturellen Verlangsamung führen wird, die wiederum ein erneutes Sinken der Anleihezinsen in den Vereinigten Staaten nach sich zieht. Für andere Länder ist dies weniger klar, weil die Anleihezinsen in diesen Ländern auf ein Niveau gefallen waren, das in keiner Relation zu den wirtschaftlichen Fundamentaldaten stand; dies wiederum war jedoch nicht der Fall in den USA. Für die Eurozone gelten andere Betrachtungen, die eine Rolle spielen könnten – wie die neuen Befürchtungen an der Peripherie. Nach den unerwarteten Ergebnissen beim britischen Referendum und bei den US-Präsidentschaftswahlen werden die Anleger den Ausgang der anstehenden politischen Entscheidungen (Referendum in Italien, Wahlen in Frankreich und Deutschland) mit mehr Bedenken betrachten. Die Risikoprämien bestimmter Anteilsklassen, die von diesen Entscheidungen betroffen sind, könnten also steigen, vor allem, wenn die Europäische Zentralbank ihr quantitatives Geldlockerungsprogramm wie vorgesehen im März 2017 einstellt.
  • Man könnte argumentieren, dass im Falle einer konjunkturellen Verlangsamung die Anleihezinsen trotzdem weiter steigen, wenn die Anleger auf eine höhere Risikoprämie gegen einen Wiederanstieg der Inflation drängen. Hier müsste man vor allem schauen, wie die Federal Reserve auf ein solches Szenario reagieren würde. Man kann sich gleichwohl darüber verwundern, mit welcher Geschwindigkeit sich die Markterwartungen von einem Deflations- zu einem Inflationsszenario entwickelt haben. Nicht zu vergessen, dass es für die Trump-Regierung deutlich leichter wäre, ein wirtschaftliches Ankurbelungsprogramm aufzulegen, wenn die Zinsen niedrig bleiben. Eine Fortsetzung der gleichzeitigen Hausse der Anleihezinsen, des US-Dollars und des amerikanischen Aktienmarktes erscheint zudem unrealistisch, da rund 40 % der Umsätze der Standard&Poor’s 500-Unternehmen außerhalb der USA generiert werden.
  • Die spontane Reaktion der Investoren auf den Wiederanstieg der Anleihezinsen war, defensive Qualitätsunternehmen (häufig als Aktiva mit erhöhter Duration und daher im Falle eines Wiederanstiegs der Zinsen verwundbar) zu verkaufen, um zyklische Unternehmen oder Finanzunternehmen zu kaufen. Diese Art von sektorieller Rotation basiert vor allem auf kurzfristigen Reaktionen von Managern, die sich mit Referenzindizes vergleichen. In erster Linie hängt die langfristige Outperformance von Qualitätsunternehmen nicht von der Höhe der Anleihezinsen ab, sondern sie resultiert aus einer deutlich höheren Kapitalrendite. Genau diese erlaubt es ihnen, sich selbst zu finanzieren und nicht maßgeblich auf Verschuldung zurückzugreifen zu müssen. Fundamental betrachtet sind diese Unternehmen daher deutlich weniger vom Wiederanstieg der Zinsen betroffen als sehr zyklische Werte, die seit einigen Tagen in der Gunst der Anleger stehen.
  • Und außerdem, wie in einem vorangegangenen Blog-Artikel mit dem Titel „Sind Qualitätsaktien zu teuer geworden?“ beschrieben, hat sich die Prämie, mit der sich Qualitätswerte im Verhältnis zum restlichen Markt bewegen, im Vergleich zur Vergangenheit nicht sonderlich erhöht. Mit anderen Worten: falls die Kurssteigerung dieser Werte in den vergangenen Jahren deutlich höher war als jene des Gesamtmarktes, dann ist das nicht deshalb, weil diese Werte besonders teuer geworden sind, sondern weil sich ihre Gewinne besser entwickelt haben. Einige dieser Unternehmen könnten unter den zukünftigen Maßnahmen der Trump-Regierung im Hinblick auf deren Wirtschaftsbeziehungen leiden, aber insgesamt verdienen sie völlig zu Recht ihre Prämie im Verhältnis zum Markt. Im Umkehrschluss sind Unternehmen von minderer Qualität riskanter als jemals zuvor.
  • Die einzige Sache, die nach der Wahl von Donald Trump sicher ist: die Unsicherheiten haben sich erhöht. Dies sollte den Goldkurs mittelfristig unterstützen. Gold dient weiterhin als Absicherung gegen Finanzrisiken, die aus einer unkonventionellen Geldpolitik und einem historisch nie dagewesenen Verschuldungsgrad entspringen.
  • Langfristig gesehen, und wie wir bereits nach dem Brexit geschrieben haben, steht die Wahl von Donald Trump für eine wachsende Revolte gegen das politische Establishment sowie für einen Vertrauensverlust in politische und monetäre Institutionen. Dies ist nicht vorteilhaft für Finanzwerte, bedenkt man, dass diese enorm von dem profitiert haben, wofür das Establishment stand: freier Handel, Deregulierung, Immigration und Globalisierung. Ihre aktuellen Bewertungen spiegelt dies nicht wider.

 

Zusammenfassend – und auch wenn es zu früh ist, definitive Vorhersagen zu treffen – lässt sich festhalten, dass sich die von der Wahl von Donald Trump ausgelösten Entwicklungen auf den Finanzmärkten als nicht nachhaltig oder zumindest als verfrüht erweisen sollten. Wenn man auch nicht ausschließen kann, dass es der neuen Regierung gelingen wird, Maßnahmen durchzusetzen, die das Potenzial der US-amerikanischen Wirtschaft langfristig steigern, sprechen die aktuellen Fundamentaldaten für eine Konjunkturverlangsamung. Sollte sich diese Verlangsamung bestätigen, werden die Anleihezinsen in den USA erneut fallen, und die Innendynamik der Märkte wird sich erneut ändern. Währenddessen scheinen Anleger die Tatsache zu ignorieren, dass das wirtschaftliche und politische Umfeld noch unsicherer geworden ist. 

Guy Wagner, Chief Investment Officer

Guy Wagner stammt aus einer Unternehmerfamilie in Luxemburg und besitzt einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Université Libre Brüssel. Er trat 1986 in die Banque de Luxembourg ein, wo er zunächst die Abteilungen Finanzanalyse und Asset Management leitete, bevor er 2005 zum Geschäftsführer von BLI - Banque de Luxembourg Investments, einer neu gegründeten Verwaltungsgesellschaft, ernannt wurde.

Seit Juli 2022 widmet er sich ausschließlich seiner Rolle als Chief Investment Officer, dem Portfoliomanagement und der Leitung des Teams, das für die Verwaltung der verschiedenen Fonds verantwortlich ist.

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