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Mancher Anleger, dessen Portfolio aus festverzinslichen Wertpapieren besteht, fragt sich derzeit, ob er nicht vernünftigerweise in Fremdwährungsanleihen investieren sollte. Die Frage ist insofern berechtigt, als eine solche Anlage höhere Renditen verspricht. Dies gilt insbesondere für Anleger in der Eurozone, wo die Rendite auf Papiere mit kurzer bis mittlerer Laufzeit nahe null liegt; andere Währungen hingegen bieten deutlich höhere Renditen.

Null Rendite auf Anleihen im Euroraum

Mancher, der höhere Renditen sucht, hofft gleichzeitig auf Kursgewinne der Fremdwährung. Die indische Rupie beispielsweise konnte in den ersten sechs Monaten des Jahres immerhin fast 8 % gegenüber dem Euro zulegen. Berücksichtigt man noch die aufgelaufenen Zinsen für eine in lokaler Währung begebene Anleihe wie z. B. die IFC 8 % 20/10/2019 (Emittent: Internationale Finanz-Corporation, Teil der Weltbank-Gruppe), so ergäbe sich bei unverändertem Anleihenkurs eine Gesamtrendite von 12 % (1). Die deutsche Bundesanleihe DBR 3,5 % 04/07/2019 in Euro hingegen bot nur eine Rendite auf den Zinskupon von 3,5 %, d. h. unter ansonsten gleichen Bedingungen 1,75 %.

Quelle: Bloomberg (Daten für den BRL hochgerechnet)

Entwicklung der türkischen Lira (Basis 100)

Quelle: Bloomberg

In inländische Schuldverschreibungen investieren

Anleger, die in eine ausländische Währung investieren möchten, haben verschiedene Vermögensklassen zur Auswahl, von Immobilien bis Aktien. In vielen Fällen erfolgt der Einstieg in Form von inländischen Schuldverschreibungen in der Landeswährung. Dazu muss die Anlage in diesen Markt zunächst überhaupt möglich sein. Dies ist der Fall, wenn z. B. die betreffenden inländischen Finanzinstrumente durch eine internationalen Depotstelle wie Euroclear reguliert werden (wie z. B. bei mexikanischen Staatsanleihen) oder wenn es sich um Euro-Bonds handelt (wie die oben genannte Emission der IFC).

Bei der häufig gestellten Frage nach Fremdwährungsanlagen werden jedoch nicht immer die Fundamentaldaten berücksichtigt, die die relative Attraktivität der jeweiligen Währung bedingen. Verschiedene Aspekte können das Schuldenmanagement von Staaten leiten und damit das Angebot an inländischen Staatsanleihen erhöhen oder reduzieren:

  • Anleihen auf dem nationalen Markt, deren Ziel es ist, die Entwicklung lokaler Infrastruktur (Schulen, Krankenhäuser etc.) zu fördern, was mittelfristig zu einem Anstieg der inländischen Zinssätze führen kann;
  • Anleihen auf dem internationalen Markt, die das Ziel haben, das Angebot auf dem heimischen Markt und damit den Zinsanstieg im Inland zu begrenzen;
  • Erhöhung der Auslandsverschuldung. Diese kann sich verschärfen, wenn der Fremdwährungszufluss nachlässt (z. B. bei sinkenden Rohstoffpreisen in Ländern mit starker Abhängigkeit von Rohstoffexporten).

Es ist daher für einen Anleger wichtig zu verstehen, was hinter den hohen Renditen der jeweiligen inländischen Anleihen steht. Eine realistische Einschätzung der Attraktivität eines Landes wird durch die qualitative Analyse möglich, die auch die internationalen Bilanzen eines Landes untersucht. Folgende Fragen können bei der Anlageentscheidung in eine Währung helfen: Gibt es ein Außenhandelsbilanzdefizit, das steigt, weil die Fremdwährungsverschuldung zu hoch ist? Ist das Kapital ausreichend produktiv, um sicherzustellen, dass die Auslandsschulden große Einkünfte im Inland generieren, die die inländische Verschuldung ausgleichen? Hat das Land stabile politische Rahmenbedingungen, werden gute Unternehmensführung und sinnvolle Wirtschaftspolitik gefördert? 

Höhere Rendite heißt höheres Risiko...

Der Fall der Türkei ist hier ein gutes Beispiel: Bereits 2005, als ein US-Dollar noch 1,35 Mio. türkische Lira wert war, boten türkische Staatsanleihen eine Rendite von fast 18 %. Die Rendite der als Referenz dienenden fünfjährigen deutschen Bundesanleihe lag zu diesem Zeitpunkt zwischen 3 % und 3,5 %. Zu Beginn des Jahres 2005 führte die türkische Regierung eine neue Lira ein, wobei eine Million alte türkische Lira in eine neue türkische Lira gewechselt wurden. Doch trotz der Umstellung - die nur kosmetischer Art war - erlebte die Lira weiter regelmäßig Zeiten starker Volatilität und durchlief mehr oder weniger lange Phasen beträchtlichen Wertverlusts, wie es die nachfolgende Grafik zeigt. Die Gründe hierfür waren äußerer wie auch inländischer Natur: Interne Faktoren waren die Laizitätskrise, das Verbotsverfahren gegen die seit 2002 regierende AKP, der Machtkampf zwischen Armee und Regierung Erdogan, steigende Devisenreserven zu Lasten des Lira-Kurses, der Verlust der absoluten Mehrheit der AKP im Parlament sowie die neue politische Instabilität seit Juni. Zusätzliche externe Gründe waren die Lehman-Krise 2008, die Griechenlandkrise 2011 sowie die 2013 angekündigte normalisierte US-Währungspolitik mit ihren Auswirkungen auf den US-Dollar.

Kursverluste der türkischen Lira im Beobachtungszeitraum

Quelle: Bloomberg

Die Türkei ist ein extremes Beispiel dafür, dass die Wirtschaftsdynamik und das Renditeniveau lokaler Anleihen durch politische Faktoren kontinuierlich in Frage gestellt werden.  

Nichts geht über eine gute Theorie...

Eine festverzinsliche Anlage in der eigenen Referenzwährung durch eine andere in einer Fremdwährung in der Hoffnung auf höhere Renditen zu ersetzen, ist keine Methode für leichte Gewinne. Es ist unerlässlich, die Fundamentaldaten der jeweiligen Wirtschaft zu verstehen, bevor man in der Währung des Landes investiert. Wir als Anleger gründen unsere Entscheidungen auf die Analyse der wirtschaftspolitischen Entwicklung. Entsprechend unseren Überzeugungen greifen wir in unseren Anlageprozessen auf verschiedene uns zur Verfügung stehende Finanzinstrumente zurück:

  • Anleihen in starken Währungen,
  • Wahl der Laufzeit in dieser Währung,
  • Anleihen in lokaler Währung, wobei wir wiederum die optimale Position auf der jeweiligen Renditekurve suchen

Die folgende Tabelle fasst einige Faktoren zusammen, die wir berücksichtigen und die in unser Vorgehen einfließen.

 

Eine ausgeglichene Zahlungsbilanz (d. h. Gleichgewicht von Leistungs- und Kapitalbilanz) und die Kaufkraftparität wirken auf längere Sicht auf die Entwicklung der Zinssätze. Vor allem bedingt gemäß der Theorie der Kaufkraftparität eine starke Inflation eine Abwertung der Währung. Sie führt beispielsweise dazu, dass mehr von der eigenen Währung notwendig ist, um eine ausländische Ware zum gleichen Preis zu kaufen, wodurch ein zusätzliches Angebot der heimischen Währung geschaffen wird; dies wiederum führt zu einem Wertverlust dieser Währung gegenüber anderen. Die Währungspolitik hat hier eine stabilisierende Rolle: Erhöhen die Zentralbanken den Zinssatz, so machen sie heimische Titel tendenziell attraktiver und steigern damit die Nachfrage nach ihrer Währung. Hier wird die Bedeutung der Wirtschaftspolitik verständlich, die Bedeutung der Beziehung zwischen Währungshütern und Regierung eines Landes sowie der Unabhängigkeit der Zentralbanken in ihrer Geldpolitik.

 

Zusammenspiel und Vorteile

Auch hier kann die Türkei als Beispiel dienen, wo Ministerpräsident Erdogan regelmäßig Druck auf die türkische Zentralbank ausübt. Noch 2014, in einer Zeit der großen Skepsis angesichts der Lira und im Vorfeld der Parlamentswahlen 2015, versuchte Erdogan, bei der türkischen Zentralbank auf Zinssenkungen hinzuwirken. Diese geschah dann auch: Am 22. Mai 2014 wurden die Zinsen von 10 % auf 9,5 % gesenkt. (2)

Für Anleger in festverzinslichen Wertpapieren sind Inflation und Realzinsen in einer Volkswirtschaft entscheidende Faktoren. Ergibt das Gesamtbild eine positive Dynamik, erscheint es uns logisch, dass hieraus unmittelbar eine günstige Entwicklung der Währung folgt.

* Aktuellste Daten – Quellen: Bloomberg, Trading Economics

 

 

(1) Tatsächlich sank der Anleihenkurs im Zeitraum um 3,73 %, wodurch ein Teil des Gewinns aufgezehrt wurde. Die Gesamtrendite der Anleihe liegt daher im ersten Halbjahr bei rund 8,27 %. Im gleichen Zeitraum betrug die Gesamtrendite der Anleihe DBR 3,5 % 04/07/2019 in Euro nur 0,25 %.

(2) Ende Juni lag der Leitzins bei 7,5 %, die Inflation ging leicht zurück, und zwar von 9,16 % im Juni 2014 auf 7,2 % im Jahr darauf. 

Jean-Philippe Donge, Head of Fixed Income

Nach Abschluss seines Studiums als Wirtschaftsingenieur an der belgischen Louvain School of Management führte Jean-Philippes Weg nach Finanzzentrum Luxemburg. Er kam 2001 zur Abteilung Asset Management der Banque de Luxembourg. Nach dreijähriger Tätigkeit in den Bereichen Analyse und Research ist Jean-Philippe auf die Übernahme eines Fonds vorbereitet: 2003 übernahm er das Management einiger Rentenfonds der Sicav BL, darunter den mehrfach ausgezeichneten BL-Global Bond, der mehrfach prämiert wurde, unter anderem als bester europäischer Rentenfonds in Euro.

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