Die Kapitalismuslüge - Warum der Kapitalismus nicht die Ursache, sondern die Lösung der Finanzkrise ist
Seit dem Ende der neunziger Jahre häufen sich Finanz- und Wirtschaftskrisen. Die Asien- und Russlandkrise, die Fehlspekulation des Hedgefonds Long Term Capital Management, das Platzen der Internetblase, der Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes, die Lehman Brothers-Pleite, die Überverschuldung der großen Industrienationen und die Eurokrise haben sich sukzessive in den vergangenen Jahre aneinandergereiht. Die Krise ist zum Dauerzustand geworden – ein deutlicher Hinweis dafür, dass im aktuellen Finanz- und Wirtschaftssystem etwas Grundlegendes nicht stimmt. Bevor man jedoch voreilig den Kapitalismus für die Krise verantwortlich macht, sollte man sich mit der Lehre der Österreichischen Schule der Nationalökonomie auseinandersetzen.
1. Die Österreichische Schule der Nationalökonomie: der Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Krise
Zu den bekanntesten Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie zählen Ludwig von Mises (1881 – 1973) und Friedrich August von Hayek (1899 – 1992). Ludwig von Mises hat mit seinem Buch "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" das bedeutendste Werk der Österreichischen Schule verfasst. Sein Schüler Friedrich August von Hayek ist der wohl bekannteste Vertreter dieser Wirtschaftslehre. Er erhielt 1974 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.
Die Österreichische Schule offenbart, dass die Ursache der Krise nicht im Kapitalismus liegt, sondern darin, dass der Kapitalismus im Sinne von freier Marktwirtschaft nicht mehr stattfindet, weil die Zentralbanken die Grundregeln des Kapitalismus anhand des ungedeckten Papiergeldsystems außer Kraft setzen. Ohne dieses von Zentralbanken kontrolliertes, ungedecktes Papiergeldsystem wäre eine Finanzkrise als Dauerzustand nicht möglich.
Die Grundidee der Österreichischen Schule besteht darin, dass die Bestimmung der Preise durch den freien Markt – also durch das freie Wechselspiel von Angebot und Nachfrage – die wichtigste Bedingung für eine funktionierende Marktwirtschaft ist. Diese Regel gilt sowohl für die Güterpreise als auch für den Preis des Geldes, also den Zins. Glaubt man an die freie Marktwirtschaft, so glaubt man, dass der Zins, der sich aus dem freien Zusammenspiel von Sparern und Investoren ergibt, der "optimale" Zins für die Volkswirtschaft ist, also der Zins, der zur "optimalen" Kapitalallokation in der Gesellschaft führt. Wird der Zins durch externe Einflüsse verzerrt, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kapitalverwendung entsteht, welche größere Ungleichgewichte mit sich bringt.
Eines der besten Beispiele einer suboptimalen Kapitalallokation – ausgelöst durch externe Einflüsse – war die Bildung der amerikanischen Immobilienblase zwischen 2004 und 2006. Ohne das künstlich niedrige Zinsniveau der Federal Reserve wäre eine solche Fehlallokation des Kapitals nicht möglich gewesen.
Der Fluch des ungedeckten Papiergeldsystems
Sollten die freien Marktkräfte versuchen, eine Rezession auszulösen, um die Fehlinvestitionen zu verdrängen, haben die Zentralbanken in einem ungedeckten Papiergeldsystem die Möglichkeit, eine solche Bereinigungsrezession zu verhindern, indem sie die Zinsen senken, und die Geldflüsse durch Eingriffe in die Kapitalmärkte dank der elektronischen Notenpresse oder regulatorischer Maßnahmen massiv beeinflussen. Dadurch geben die Zentralbanken den Anreiz für weitere Fehlinvestitionen, welche zu immer heftigeren Wirtschaftszyklen und Finanzkrisen führen. Da die notwendige "Bereinigungskrise" immer schmerzhafter würde, entsteht ein Teufelskreis, bei dem ein immer größerer Teil der Bevölkerung und Unternehmen noch mehr Eingriffe vom Staat verlangt. Dadurch entwickelt sich das System sukzessive in Richtung einer Art Staatskapitalismus, welche die persönliche und unternehmerische Freiheit zusehends eingrenzt und das Wachstum immer weiter hemmt. Zusätzliches Wachstum kommt im Endeffekt fast nur noch zustande durch öffentliche Schulden, finanziert von der elektronischen Notenpresse der Zentralbanken. Daher ist es nahezu unausweichlich, dass ein ungedecktes Papiergeldsystem früher oder später in einer Schuldenkrise endet.
Die Österreichische Schule der Nationalökonomie ist der Schlüssel für das Verständnis der aktuellen Schuldenkrise. Da sie allerdings unangenehme Wahrheiten für Politiker und Zentralbanker aufdeckt, wird diese Lehre bewusst so weit wie möglich aus der Öffentlichkeit verdrängt. Nichtsdestotrotz ist es dank des Internet einfach, sich mit der Österreichischen Schule auseinanderzusetzen. Die Internetseiten der Ludwig von Mises Institute in den USA (http://www.mises.org) und Deutschland (http://www.misesde.org) bieten einen hervorragenden Einstieg in die Materie der Österreichischen Schule.
2. Die Kapitalismuslüge
Die Tragik der aktuellen Finanzkrise besteht darin, dass Politiker und Notenbanker es fertiggebracht haben, die Ursache der Finanzkrise dem Kapitalismus zuzuordnen, wobei im Kapitalismus im Sinne von freier Marktwirtschaft eine Krise dieses Ausmaßes überhaupt nicht entstehen kann. In einer freien Marktwirtschaft führen Investitionen, die den Bedürfnissen der Gesellschaft nicht entsprechen, zu einer Rezession. Falls die Rezession nicht von der Zentralbank aufgehalten wird, leitet sie einen – wenn auch schmerzhaften – Gesundungsprozess ein und lässt somit eine tiefgreifende Dauerkrise wie die heutige nicht erst aufkommen.
Die staatlichen Eingriffe in das Marktgeschehen werden häufig damit begründet, dass die Politiker durch den öffentlichen Druck keinen Gesundungsprozess zulassen können. Auch wenn dies zweifelsfrei stimmt (vor allem, wenn die Krise derart weit fortgeschritten ist, wie das heute der Fall ist), ist es nur die halbe Wahrheit. Es gibt noch andere Beweggründe, warum Politiker und Notenbanken versuchen, die ökonomischen Gesetze außer Kraft zu setzen.
Die Finanzmärkte werden für politische Zwecke instrumentalisiert
Der Hauptgrund besteht darin, dass Politiker und Notenbanker die Finanzmärkte immer mehr dazu benutzen, politische Ziele gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen. Wäre das nicht der wahre Hintergrund für die zahlreichen wirtschaftswissenschaftlichen Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre, müsste man den meisten führenden Politikern und Notenbankern mangelnde Fachkompetenz unterstellen, was jedoch höchst unwahrscheinlich ist angesichts ihrer Biografie und der ihrer Berater.
Das Diktat der "Troika"
Eines der deutlichsten Beispiele der Manipulation der Finanzmärkte als Mittel zum Zweck politischer Ziele ist die Eurokrise. Als zwischen 2005 und 2008 die europäische Bevölkerung bei den zahlreichen Referenden zum Lissabon-Vertrag zum Ausdruck brachte, dass sie gegen eine Ausweitung der Macht Brüssels auf Kosten der nationalen Parlamente sei, wurde das Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa" auf eine subtilere Art vorangebracht. Nach dem Ausbruch der Griechenlandkrise sind die Anleihemärkte der Länder Südeuropas sukzessive zusammengebrochen, wodurch diese Länder sich nicht mehr an den Kapitalmärkten finanzieren konnten. Der Auslöser der Krise war die Nachricht, dass Griechenlands Haushaltsdefizit deutlich höher ausfiel als bisher angenommen. Dabei bleibt bis heute ungeklärt, welche Rolle die Investmentbank Goldman Sachs bei der Verschleierung der wahren Haushaltsdefizite Griechenlands gespielt hat, und inwieweit Mario Draghi darin verwickelt war, der als ehemaliger Vizepräsident bei Goldman Sachs zwischen 2002 und 2005 für „Unternehmen und Staaten in Europa" verantwortlich war, und heute Chef der Europäischen Zentralbank ist. Trotz dieser Unklarheiten wurden zusätzliche Nachforschungen durch eine kontroverse Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs blockiert, welche die Einsicht in Unterlagen diesbezüglich verwehrte, weil "die Veröffentlichung dieser Dokumente das Gemeinwohl gefährden würde". Den von den Kapitalmärkten abgetrennten Ländern blieb nichts anderes übrig, als die Bedingungen der sogenannten Troika, bestehend aus IWF, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank, zu akzeptieren, um einen Staatsbankrott zu vermeiden. Diese Bedingungen zu akzeptieren, bedeutet nichts anderes, als die nationale Souveränität abzugeben.
Die amerikanische Immobilienkrise: geduldet oder sogar gewünscht...
Auch die amerikanische Immobilienkrise kann nicht so verlaufen sein, wie es von Politikern und Notenbankern dargestellt wird. So erklärte der Präsident der amerikanischen Federal Reserve, Ben Bernanke, Ende 2005, die steigenden Immobilienpreise wären nicht die Konsequenz der niedrigen Zinspolitik, sondern das Spiegelbild fundamentaler wirtschaftlicher Stärke (Zitat: „House prices have risen by nearly 20 percent over the past 2 years. Although speculative activity has increased in some areas, at a national level these price increases largely reflect strong economic fundamentals."). Dabei war die Überhitzung des Immobilienmarktes so offensichtlich, dass der schon als Schüler hochbegabte Bernanke, der diplomierter Wirtschaftswissenschaftler der Harvard University und Inhaber eines Doktortitel des Massachusetts Institute of Technology ist und Dutzende von hochausgebildeten Akademikern zur Verfügung hat, eine solche Blase, die statistisch nur einmal in 100 Jahren auftritt (siehe Grafik), nicht übersehen kann. Die einzig mögliche Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann, ist die, dass diese Entwicklung von der Zentralbank geduldet wurde oder sogar gewünscht war.
Durchschnittlicher Hauspreis (Case-Shiller) geteilt durch das Durchschnittseinkommen der Haushalte in den USA
Quelle: I.S.I.
Die Federal Reserve: die mächtigste Institution der Welt
Diese Schlussfolgerung ist umso logischer, da der größte Nutznießer der Finanzkrise die amerikanische Notenbank ist. Durch die Lehman-Pleite wurde eine Staatsschuldenkrise ausgelöst, die die finanzielle Handlungsfähigkeit sämtlicher Industrienationen erheblich einschränkt. Die gewählten Parlamentarier sind immer mehr auf die finanzielle Unterstützung der Notenbanken angewiesen, da es für die einzelnen Staaten durchwegs schwieriger wird, finanzielle Mittel auf den Kapitalmärkten zu mobilisieren. Den Zentralbanken hingegen stehen in einem ungedeckten Papiergeldsystem dank der elektronischen Notenpresse unbeschränkte finanzielle Mittel zu Verfügung. Dies gilt vor allem für die amerikanische Notenbank, da sie das Privileg innehat, über die Weltreservewährung zu verfügen, die praktisch überall auf der Welt als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Die Möglichkeit, US-Dollar aus dem Nichts zu schöpfen, verleiht der amerikanischen Notenbank eine Sonderstellung. Durch die Krise wurde die amerikanische Federal Reserve – die keine staatliche Organisation ist, sondern 1913 von den amerikanischen Privatbanken ins Leben gerufen wurde und sich bis heute in deren Besitz befindet – zweifellos zur mächtigsten Institution der Welt.
Die Zentralbanken entscheiden
Durch die Finanzkrise und die dadurch eingeläuteten Regulierungsmaßnahmen wird die Kapitalallokation daher immer weniger von den Märkten – also vom freien Zusammenspiel von Sparern und Investoren – bestimmt, sondern immer mehr von den Zentralbanken. Dies erklärt auch, warum sich der aktuelle Vorstandsvorsitzende Lloyd Blankfein von Goldman Sachs in einem Interview mit der Sunday Times 2009 dazu hinreißen ließ, sein hohes Gehalt mit der Aussage zu rechtfertigen, dass er „Gottes Werk verrichte" („we are doing God's work"). Die Zentralbanken und ihre Satelliten, zu denen die großen Investmentbanken gehören, entscheiden tatsächlich im aktuellen ungedeckten Papiergeldsystem, wer Geld bekommt und wer nicht. Durch eine flapsige Antwort auf eine teils provokative Frage brachte Lloyd Blankfein eine tiefgreifende, aber der Öffentlichkeit wenig bewusste Wahrheit zum Ausdruck.
3. Die Abschaffung des ungedeckten Papiergeldsystems ist der Schlüssel, um zur freien Marktwirtschaft zurückzukehren
Durch die Finanzkrise leben wir demnach in einem Staatskapitalismus, in dem die Zentralbanken die Kapitalflüsse bestimmen. Die Länder – d.h. die Bürger – bekommen den Geldhahn auf- oder zugedreht, abhängig von deren Bereitschaft, sich dem Willen der Notenbanken zu unterwerfen. Die wahre Macht wird demnach weder vom Parlament, noch von den Politikern, sondern von den Notenbanken ausgeübt. Das ungedeckte Papiergeldsystem erlaubt es dem Inhaber des Geldangebotsmonopols, die Demokratie auszuhebeln.
Der einfachste Weg für die Bürger zurück in die Demokratie und die freie Marktwirtschaft ist, das Ende des ungedeckten Papiergeldsystems einzufordern. In einem System, in dem die Geldmenge weder beliebig reduziert noch ausgeweitet werden kann, ist es nicht möglich, eine Krise künstlich herbeizuführen. Ein solches Einfordern würde sicherlich von den Notenbanken vehement bekämpft werden, da sie ihre uneingeschränkte Machtposition niemals freiwillig aufgeben werden. Aber es ist die einzige Möglichkeit, der finanziellen Krise ein definitives Ende zu setzen. Bleibt das ungedeckte Papiergeldsystem bestehen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Notenbanken über eine Währungsreform den Bürgern die Ersparnisse rauben, um die Staaten zu entschulden und dann das Spiel wieder von Neuem beginnen.
Alternativen zum ungedeckten Papiergeldsystem gibt es zweifelsfrei, auch wenn die Zentralbanken diese Debatte bis dato mit Geschick aus der Öffentlichkeit heraushalten konnten. Ob die Rückkehr zum klassischen Goldstandard die bestmögliche Lösung wäre, wage ich zu bezweifeln. Der Goldstandard wäre jedoch mit Sicherheit eine bessere Lösung als das ungedeckte Papiergeldsystem, welches die Zentralbanken auf Kosten der Bürger ausnutzen. Nicht umsonst behaupten die Anhänger des gelben Edelmetalls, Gold – im Gegensatz zu Papiergeld – sei das einzige wahre Geld. Da eine an Gold gebundene Geldmenge nicht manipuliert werden kann, bezeichnen sie Gold als das Geld der Freiheit.