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Triffin, Trump und zwei buchhalterische Identitäten

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Den Dollar als weltweit wichtigste Leitwährung zu haben ist ein großer Vorteil für die USA. Doch es mehren sich Stimmen, die die Nachteile hervorheben, welche sich aus dem Besitz der Weltreservewährung ergeben.

1. Das Triffin-Dilemma

Robert Triffin war ein belgisch-amerikanischer Ökonom, der vor allem für seine Kritik am Bretton-Woods-System bekannt war. In den 1960er-Jahren formulierte er ein Problem im Zusammenhang mit internationalen Reservewährungen, das heute als Triffin-Dilemma bekannt ist. Dieses lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Damit die Währung eines Landes als internationale Reservewährung dienen kann, muss das Land, das sie ausgibt, dafür sorgen, dass weltweit eine ausreichende Menge seiner Währung verfügbar ist.
  • Dies bedeutet in der Regel, dass das betreffende Land Handelsdefizite aufweisen muss. Indem es mehr importiert als exportiert, „flutet“ es den Rest der Welt mit seiner Währung.
  • Langfristig besteht jedoch die Gefahr, dass diese Defizite das Vertrauen in die Währung untergraben.

Für den US-Dollar als Weltreservewährung besteht das Dilemma daher in der Unvereinbarkeit zwischen der Bereitstellung einer ausreichenden Menge an US-Dollar für den Rest der Welt und der Aufrechterhaltung der Stabilität und des Vertrauens in den Greenback.

Als Triffin sein Dilemma formulierte, war der US-Dollar noch goldkonvertibel. Durch die Konvertibilitätsgewährleistung ihrer Währung in Gold versuchten die Vereinigten Staaten, das Vertrauen in den Dollar aufrechtzuerhalten. Seit den 1960er-Jahren hatte das Land hohe Haushalts- und Handelsdefizite. Diese Defizite führten zu einem Vertrauensverlust in den Dollar und veranlassten viele Länder, die Umwandlung ihrer Dollar in Gold zu verlangen. Infolgedessen schrumpften die Goldreserven der USA rapide. Gleichzeitig scheiterten die Versuche der USA, ihre Handelspartner von einer Aufwertung ihrer Währungen zu überzeugen. Dies veranlasste Präsident Nixon schließlich 1971, die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold aufzuheben. Interessanterweise kündigte Nixon gleichzeitig eine vorübergehende Einfuhrsteuer von 10 % an, um die amerikanische Industrie zu schützen. Mit der einseitigen Aufhebung der Goldkonvertibilität des Dollars zeigten die Vereinigten Staaten bereits damals, dass sie bereit waren, ihre nationalen Interessen über die der internationalen Ordnung zu stellen.

2. Vor- und Nachteile des US-Dollars als Weltreservewährung

Die Vorteile für die USA, über die Reservewährung zu verfügen, überwiegen im Prinzip bei weitem die Nachteile. Als Finanzminister in den 1960er-Jahren bezeichnete der spätere französische Präsident Valéry Giscard d'Estaing die Position der USA als Emittent der Weltreservewährung als „exorbitantes Privileg“. Einige Jahre später erklärte sein amerikanischer Amtskollege John Connally, der „Dollar ist unsere Währung und euer Problem“, und betonte damit die Weigerung der USA, ihre Interessen globalen Erwägungen unterzuordnen.

Der Dollar als Weltreservewährung verschafft den Vereinigten Staaten insbesondere zwei wesentliche Vorteile:

  • Die Möglichkeit, sich kostengünstig zu finanzieren und ihr Handelsdefizit durch die Ausgabe ihrer eigenen Währung zu finanzieren. Außerdem werden die meisten Rohstoffe in Dollar gehandelt, sodass US-amerikanische Unternehmen und Banken keinem Wechselkursrisiko ausgesetzt sind.
  • Die Kontrolle über das globale Finanzsystem und die damit verbundene geopolitische Macht, mit der Möglichkeit, durch die Kontrolle des Zugangs zum Dollar-Bankensystem Wirtschaftssanktionen zu verhängen.

Seit einiger Zeit ist jedoch in den Vereinigten Staaten eine wachsende Besorgnis über die Nachteile der aktuellen Situation festzustellen. Viele Beobachter sind der Ansicht, dass sie zu einer Deindustrialisierung der USA geführt hat, die die militärische Vorherrschaft der USA gefährden könnte. So weisen mehrere Berichte des Verteidigungsministeriums auf die Erosion der industriellen Basis als großes Risiko für die nationale Sicherheit hin und führen an, dass die USA bei der Lieferung kritischer Komponenten zunehmend von externen Quellen abhängig sind. Weitere Nachteile sind eine zu hohe Verschuldung (öffentlich und privat), eine Überfinanzierung der Wirtschaft und die Gefahr von Finanzblasen.

3. Die Zahlungsbilanzidentität und die Spar-Investitions-Identität

Die Zahlungsbilanzidentität besagt, dass die Summe aus Leistungsbilanz und Kapitalbilanz gleich null ist. Mit anderen Worten: Wenn ein Land ein Leistungsbilanzdefizit (oder vereinfacht gesagt ein Handelsbilanzdefizit) aufweist, muss es dieses durch einen Kapitalbilanzüberschuss finanzieren.

Die Identität von Sparen (S) und Investieren (I) besagt, dass Sparen minus Investieren den Nettoexporten (NX) entspricht:

S – I = NX

Mit anderen Worten: Wenn die Ersparnisse eines Landes geringer sind als seine Investitionen, muss es ausländische Ersparnisse importieren.

Seit Mitte der 1970er-Jahre verzeichnen die Vereinigten Staaten fast ununterbrochen ein Handelsdefizit. Auf der Grundlage der oben dargestellten Gleichungen bedeutet dies, dass die Vereinigten Staaten mehr konsumieren/investieren als sie sparen und dass das Land regelmäßig einen Kapitalbilanzüberschuss aufweist, d. h. Kapital importiert. Viele Ökonomen haben daher einen kausalen Zusammenhang hergestellt, indem sie die niedrige Sparquote der USA als Ausgangspunkt und das Handelsdefizit des Landes als Ergebnis genommen haben, und behaupten, dass „die USA über ihre Verhältnisse leben“.

Diese Argumentation wird jedoch zunehmend von anderen Ökonomen in Frage gestellt, die behaupten, dass es vielmehr der Kapitalüberschuss des Landes ist, der zu unzureichenden Ersparnissen und einem Handelsdefizit führt. Dieser Kapitalüberschuss ist die Folge

  • der Rolle des US-Dollars als Weltwährung. Der Rest der Welt möchte Vermögenswerte in Dollar halten. Die Vereinigten Staaten agieren daher als globaler Importeur von Kapital und müssen im Gegenzug Handelsdefizite aufrechterhalten.
  • der merkantilistischen Politik anderer Länder, die ihre Exporte auf Kosten des Binnenkonsums fördern, insbesondere durch eine große Zurückhaltung bei den Löhnen und der Aufrechterhaltung einer unterbewerteten Währung. Deutschland, Japan oder China werden oft als Beispiele für Länder genannt, die eine solche Strategie verfolgen.

Donald Trump mag keine Handelsdefizite, Freihandelsabkommen und die derzeitige Organisation des Welthandels, die er als ungerecht für die USA betrachtet. Außerdem will er die USA reindustrialisieren. Gleichzeitig ist er sich der Vorteile bewusst, die für die USA mit dem Besitz der Weltreservewährung verbunden sind. Es ist daher logisch anzunehmen, dass er vor allem versuchen wird, beim zweiten Punkt zu intervenieren, indem er einige Länder unter Druck setzt, ihre Handelsbilanzüberschüsse gegenüber den USA zu reduzieren. Wenn er von der Annahme ausgeht, dass es der Überschuss in der Kapitalbilanz ist, der das Handelsdefizit verursacht, könnte er sogar Beschränkungen für Kapitalflüsse in die USA verhängen.

4. Das Ende der Outperformance der USA?

Wie oben erwähnt, ist das Spiegelbild des US-Handelsdefizits der Überschuss der US-Kapitalbilanz. Der Rückgang des einen wird zum Rückgang des anderen führen. Wenn, wie Donald Trump sagt, die US-amerikanische Industrie unter der Organisation des Welthandels gelitten hat, so war die Globalisierung für den amerikanischen Finanzsektor und den amerikanischen Aktienmarkt sehr positiv. Ein Rückgang oder sogar ein Verschwinden des amerikanischen Handelsdefizits würde zu einer Verringerung der Nachfrage nach amerikanischen Finanzwerten führen und die Outperformance des amerikanischen Aktienmarktes beenden. Für den Rest der Welt würde ein solcher Rückgang das Ende einer Weltwirtschaft signalisieren, die sich auf den amerikanischen Verbraucher stützt.


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Guy Wagner, Chief Investment Officer

Guy Wagner stammt aus einer Unternehmerfamilie in Luxemburg und besitzt einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Université Libre Brüssel. Er trat 1986 in die Banque de Luxembourg ein, wo er zunächst die Abteilungen Finanzanalyse und Asset Management leitete, bevor er 2005 zum Geschäftsführer von BLI - Banque de Luxembourg Investments, einer neu gegründeten Verwaltungsgesellschaft, ernannt wurde.

Seit Juli 2022 widmet er sich ausschließlich seiner Rolle als Chief Investment Officer, dem Portfoliomanagement und der Leitung des Teams, das für die Verwaltung der verschiedenen Fonds verantwortlich ist.

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