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Georg Ludwig Harting schrieb in seiner „Anweisung zur Taxation der Forste oder zur Bestimmung des Holzertrags der Wälder“: "Es läßt sich keine dauerhafte Forstwirtschaft denken und erwarten, wenn die Holzabgabe aus den Wäldern nicht auf Nachhaltigkeit berechnet ist. Jede weise Forstdirektion muss daher die Waldungen […], doch so zu benutzen suchen, daß die Nachkommenschaft wenigstens ebensoviel Vorteil daraus ziehen kann, wie sich die jetzt lebende Generation zueignet“ Diese Anweisung erschien im Jahre 1804. Womit auch geklärt wäre, woher der (inzwischen leider inflationär benutzte) Begriff der „Nachhaltigkeit“ ursprünglich stammt, nämlich aus der Forstwirtschaft.

Generationenübergreifend denken

 

In der Anweisung von Harting ist vieles zu finden, was jedem sofort einleuchtet, sobald er über das Thema der Waldbebauung und Waldnutzung nachdenkt. Der Forstwirt muss heute planen, wie er beispielsweise die Waldränder bepflanzt, um Sturmschäden einzudämmen, welche Baumarten sich den Klimaveränderungen gegenüber widerstandsfähig erweisen sollten und welcher Bepflanzungsmix des Waldes sowohl ertragreich als auch forstwirtschaftlich sinnvoll ist. Ob dieses Unterfangen den gewünschten Erfolg bringt, wird er allerdings kaum noch erfahren, da das Endergebnis erst einige Dekaden später beurteilt werden kann. Salopp gesagt, pflanzt er heute für seine Enkel.

 

So ist es auch bei Familienunternehmen. Alle Entscheidungen, die die Unternehmensführung heute trifft, werden auch Auswirkungen auf die Nachfolgegenerationen haben. Dies, gekoppelt mit den Familienwerten, der Reputation der Familie, einer engen Kundenbindung sowie einem häufig anzufindenden hohen Maß an Spezialisierung, wird unter dem Begriff „Familyness“ gern zusammengefasst und ist in mehreren Studien hinlänglich behandelt worden.

 

Wir wollten aber auch den finanziellen Aspekten bei familiengeführten Unternehmen auf den Grund gehen und analysieren, ob sich dieses langfristige Denken ebenso an Finanzkennzahlen veranschaulichen lässt. Daher haben wir das Handelsblatt Research Institute beauftragt, eine Studie zu erstellen, welche sich hiermit befasst.

 

Deutlich bessere Langfristperformance

 

Bei der Auswahl der Familienunternehmen und der Vergleichsgruppe hat sich die Studie auf Unternehmen aus Europa fokussiert, da Familienunternehmen in Europa eine lange Tradition haben. So gilt beispielsweise „The Coatinc Company“ als ältestes Familienunternehmen Deutschlands, das im Jahre 1502 als „Siegener Aktiengesellschaft“ gegründet wurde und heute in 17. Generation geführt wird (Quelle: Handelsblatt, 03.06.2019).

 

Weitere Kriterien für die Auswahl der Familienunternehmen innerhalb der Studie sind:

- Das jeweilige Unternehmen muss börsennotiert sein,
- mindestens 25 Prozent der Unternehmensanteile müssen sich in Familienbesitz befinden (wobei Anteile mehrerer Familienmitglieder addiert werden) und
- es gilt eine Höchstgrenze der Marktkapitalisierung von maximal 25 Milliarden Euro.

 

Der Einzug der Höchstgrenze bei der Marktkapitalisierung soll verhindern, dass potenzielle Verzerrungen durch Großunternehmen – die nach der oben genannten Definition zwar als Familienunternehmen gelten würden, sich aber häufig nicht als solche verhalten können – nicht entstehen. Als prominente Beispiele hierfür könnte man Volkswagen oder BMW nennen.

 

Eingeteilt in drei Größenklassen

 

- Kleine Unternehmen, Marktkapitalisierung bis zu fünf Milliarden Euro,
- Mittlere Unternehmen, Marktkapitalisierung von fünf bis zehn Milliarden Euro und
- Große Unternehmen von zehn bis 25 Milliarden Euro

 

wurden 40 Familienunternehmen aus den Sektoren

 

- Automobil und Transport,
- Konsumgüter und Handel,
- Industrielle Fertigung, sowie
- Immobilien/-dienstleistungen und Baugewerbe

 

identifiziert, denen nicht familiengeführten Pendants in der Vergleichsgruppe gegenübergestellt wurden. Die Branchen wurden in dieser Form gewählt, da dort in Europa die meisten Familienunternehmen vertreten sind.

 

Die Unternehmen rekrutieren sich geografisch aus folgenden Ländern:

 

 

Die beiden größten europäischen Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich stellen die meisten Unternehmen in der Gruppe der Familienunternehmen und spiegeln somit auch die Bedeutung wider, die Familienunternehmen in diesen Ländern haben. Im Vereinigten Königreich hingegen, welches bis zum endgültigen Brexit aus der Europäischen Union die drittgrößte Volkswirtschaft der EU darstellt, ist die Anzahl der Familienunternehmen deutlich unterrepräsentiert. Dies lässt Rückschlüsse auf deren Stellenwert in Großbritannien zu.

 

 

Doch nun zu den Ergebnissen der Studie.

 

Der reine Vergleich der Performance über den Analysezeitraum seit 2002 (der längste Zeitraum eines stabilen Analysesamples), zeigt eine deutliche Outperformance der Familienunternehmen.

 

Interessant festzustellen ist, dass die Aktienrenditen (Kursverlauf zzgl. Dividende) bis zur Finanzkrise relativ synchron verliefen und 2009 beginnend deutlich auseinanderdrifteten. Ferner konnte die Studie feststellen, dass bei Betrachtung der Einzelwerte die Ausreißer bei Nicht-Familienunternehmen, bei Out- und Underperformance, auffälliger sind. Die Stärke der Familienunternehmen liegt in einem breiten und stabilen Mittelfeld, welches über den Zeitraum ein deutliches Renditeplus erwirtschaften konnte.

 

Alleine diese Betrachtung lässt bereits einige Interpretationen möglicher Stabilitätsmechanismen bei Familienunternehmen zu.

 

Solide Unternehmensliquidität

 

Zieht man das sogenannte „Working Capital Ratio“ zurate, ergibt sich für beide Unternehmensgruppen ein solides Bild der Liquiditätslage über den Betrachtungszeitraum. Zur Erinnerung: Das Working Capital Ratio setzt das Umlaufvermögen (Wert von Lagerbeständen und Vorräten sowie Forderungen aus Lieferung und Leistungen) zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten prozentual ins Verhältnis. Also können bei einem Wert von über 100 Prozent alle kurzfristigen Verbindlichkeiten de facto aus dem Umlaufvermögen finanziert werden. Je höher die Prozentzahl also ist, desto besser stellt sich die Liquiditätslage eines Unternehmens dar.

 

 

Vergleicht man die Kennzahl im Bereich der Ländergruppen (Gruppen mit einer Stichprobe > = 3) innerhalb der Familienunternehmen, so zeigt sich, dass sieben deutsche und vier schweizerische Unternehmen deutliche höhere Working-Capital-Werte aufweisen und somit maßgeblich zu dem obenstehenden Ergebnis beigetragen haben.

 

 

Zusammenfassend lässt sich bereits nach dem ersten Teil feststellen, dass es deutliche regionale Unterschiede bei der Quantität von Familienunternehmen in Europa gibt , dass die Unternehmen aus den genannten Branchen und Sektoren offenbar (unabhängig davon, ob sie familiengeführt sind oder nicht) über ein solides Liquiditätsmanagement verfügen und dass über den Betrachtungszeitraum die Aktienrendite der Familienunternehmen bedeutend besser ausgefallen ist.

 

Im zweiten Teil werden wir zwei weitere Kennzahlen der beiden Gruppen vergleichen, welche – und dies sei an dieser Stelle bereits verraten – sehr interessant sind. Zudem werden wir die Eingangsfrage beantworten, was Investoren von Forstwirten und Familienunternehmen lernen können.

 

 

Ich möchte gerne die HRI-Studie erhalten.

 

Lutz Overlack, Head of Sales Deutschland, Österreich, Schweiz

Lutz Overlack ist seit 2010 bei BLI - Banque de Luxembourg Investments für den Fondsvertrieb in der DACH-Region verantwortlich. Zuvor war er Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Banque de Luxembourg in Deutschland. Weitere Stationen waren die American Express Bank in Frankfurt und das Bankhaus Lampe in Düsseldorf.

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