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Im ersten Teil des Artikels haben wir festgestellt, dass der Begriff der „Nachhaltigkeit“ aus der Forstwirtschaft stammt und Familienunternehmen über den Betrachtungszeitraum der Studie von 17 Jahren eine deutlich bessere Performance erzielen konnten. Ferner, dass die Anzahl relevanter börsennotierter Familienunternehmen in Europa geographisch stark divergiert und dass sowohl die Familienunternehmen als auch die Vergleichsgruppe im Betrachtungszeitraum über ein solides Liquiditätsmanagement verfügten. Im zweiten Teil gehen wir der Frage nach, wie es sich mit der Eigenkapitalquote und der Eigenkapitalrendite verhält.

Familienunternehmen mit starker Eigenkapitalbasis

Gemeinhin gilt die Eigenkapitalquote als ein Maßstab für die finanzielle Stabilität eines Unternehmens. Dabei setzt man das Eigenkapital ins Verhältnis zum Gesamtkapital. Je höher die Quote ausfällt, desto besser bewertet man das Unternehmen tendenziell (Stichwort: Bonität). Dahinter steht die Logik, dass ein Unternehmen mit hoher Eigenkapitalquote weniger abhängig von Fremdkapitalgebern ist und darüber hinaus in die Lage versetzt wird, sich maßgeblich selber zu finanzieren. Dieser Umstand wirkt sich einerseits auf die Unternehmenskosten aus (geringere Verschuldung = weniger Zins/- und Tilgungslast = höhere finanzielle Beweglichkeit), andererseits können Investitionen auch schneller getätigt werden, da die Unternehmen selber Herr des Verfahrens sind und nicht den (gelegentlich zeitraubenden) Umweg über Fremdkapitalgeber gehen müssen.

Allerdings handelt es sich bei den Unternehmen, die wir betrachten, nicht um karitative Einrichtungen, daher wird Eigenkapital auch nicht kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Eigenkapitalgeber möchten am Unternehmensgewinn beteiligt werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Gewinnbeteiligung höher verzinst wird als der Fremdkapitalzins. Und dies aus gutem Grund. Die Eigenkapitalgeber gehen ein höheres Risiko ein als diejenigen, die Fremdkapital zur Verfügung stellen. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens werden Eigenkapitalgeber nach den Fremdkapitalgebern berücksichtigt, sofern es dann noch etwas zu verteilen gibt. Das (Total)Verlustrisiko ist also erheblich höher.

Eigenkapitalquote

 

 

Bereits auf den ersten Blick wird anhand des Charts ersichtlich, dass Familienunternehmen durchweg höhere Eigenkapitalquoten im Untersuchungszeitraum aufwiesen. Ferner ist zu beobachten, dass die Quote bei den Familienunternehmen auch nicht nennenswert während und nach der Finanzkrise sank. Geht man etwas tiefer in die Zahlen der Studie, so stellt man fest, dass bei den Familienunternehmen im Zeitraum 2002 bis 2008 zwischen neun und 14 Unternehmen eine Eigenkapitalquote von über 90 Prozent auswiesen. In der Vergleichsgruppe waren es im gleichen Zeitraum lediglich drei bis sieben.

Somit ist auch von dieser Kennzahl abzuleiten, dass familiengeführte Unternehmen offenbar großen Wert auf Unabhängigkeit, Sicherheit und Stabilität legen.

Doch wie verhält es sich mit der Eigenkapitalrendite der Unternehmen? Wie zuvor bereits angemerkt, legen die Eigentümer eines Unternehmens Wert auf eine marktgerechte Verzinsung ihres Kapitals.

 

Überraschung bei der Eigenkapitalrendite

Die Eigenkapitalrendite ist das Verhältnis von Gewinn zu Eigenkapital und wird in Prozent ausgedrückt. Je höher der Prozentsatz, desto höher wird das Eigenkapital verzinst. Doch auch die Eigenkapitalrendite ist als singulär betrachtete Kennzahl wenig aussagekräftig. Eine Variable in der Berechnung der Eigenkapitalrendite ist – wie bereits erwähnt –die Eigenkapitalquote. Je höher diese ausfällt, desto schwieriger ist es eine hohe Eigenkapitalrendite zu erzielen.

Demnach gilt es, bei jedem Unternehmen einen sehr genauen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Das ist im Übrigen ein elementarer Grund dafür, warum wir große Anhänger eines aktiven Managements sind. Nur die umfassende Analyse eines Unternehmens senkt die Fehlerwahrscheinlichkeit und lässt Rückschlüsse auf die derzeitige und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu.

Aber zurück zum Thema: Grundsätzlich geht eine hohe Eigenkapitalrendite mit einer positiven Einschätzung des Unternehmens einher. Der Umkehrschluss (niedrige Eigenkapitalrendite = negative Einschätzung des Unternehmens) muss aber nicht zwangsläufig zutreffen.

Einerseits ist die Eigenkapitalrendite immer im Branchenvergleich zu betrachten. Es gibt sehr kapitalintensive und/ oder zyklische Branchen, deren Eigenkapitalrenditen stark schwanken können und daher nur bei Betrachtungen im Branchenvergleich über mehrere Jahre aussagekräftig werden.

Auf der anderen Seite können sich Unternehmen auch hohe Eigenkapitalrenditen „erkaufen“, indem sie gezielt Fremdkapital aufnehmen und somit die Eigenkapitalquote senken. 

Somit verbietet sich eine kurzfristige Betrachtungsweise selbiger und nur die Analyse des gesamten Zeitraums gibt Aufschluss über deren Stabilität. Die Eigenkapitalrendite der Familienunternehmen verläuft über den gesamten Untersuchungszeitraum relativ stabil, ohne größere Ausreißer.

Die Vergleichsgruppe hingegen zeigte sich deutlich schwankungsanfälliger und verzeichnete 2007 einen Spitzenwert von nahezu 20 Prozent. Binnen zwei Jahren fiel dieser Wert jedoch auf 6,3 Prozent, wobei sich die Familienunternehmen immer noch im deutlich zweistelligen Prozentwertbereich befanden.

 

Eigenkapitalrendite

 

 

Der Grund für diese Schwankungen war im Untersuchungszeitraum die Entwicklung der kumulierten Nettoergebnisse im jeweiligen Vorjahresvergleich. Bei den familiengeführten Unternehmen sanken diese im Zuge der Finanzkrise 2008 um 19 Prozent, 2009 um 34 Prozent. Bei der Vergleichsgruppe hingegen waren die Ergebnisse weit dramatischer. Rückläufigen Nettoergebnissen 2008 von minus 29 Prozent, folgte 2009 ein weiterer Rückgang von 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zieht man nun die Eigenkapitalquoten über den Betrachtungszeitraum in die Bewertung der Ergebnisse mit ein, so sind die Resultate überraschend. Bei einer durchweg höheren Eigenkapitalquote erzielen Familienunternehmen eine ähnlich hohe und stabilere Eigenkapitalrendite. 

Die Analyseergebnisse deuten demnach darauf hin, dass Familienunternehmen langfristig orientierter arbeiten und solider finanziert sind. In Krisenzeiten zeigen sie sich zudem robuster und belohnen ihre Investoren langfristig mit höheren Renditen.

Dieses Resümee führt uns zu der Eingangsfrage zurück, was Investoren von Forstwirten und Familienunternehmen lernen können. Einiges, wie wir finden. Wie Georg Ludwig Harting 1804 in seiner Anweisung bereits schrieb, ist nachhaltiges Wirtschaften im forstwirtschaftlichen Sinn dann gegeben, wenn die Baumentnahmen aus dem Wald sich mindestens mit der Neuaufforstung die Waage halten, damit auch die Nachfolgegenerationen davon profitieren. Im ökonomischen, wie im ökologischen Sinn.

Generationenübergreifendes Denken steht auch bei Familienunternehmen hoch im Kurs. Dies wird flankiert durch eine solide Finanzierungssituation und eine hinreichende Beteiligung am Unternehmenserfolg der Eigentümer (also der Aktionäre) für die eingegangenen Risiken. Zudem zeigen Familienunternehmen häufig einen sehr hohen Spezialisierungsgrad und eine enge Bindung zu Kunden und Mitarbeitern. Darüber hinaus, so zeigt die Erfahrung, können Familienunternehmen häufig sehr flexibel auf Kundenanforderungen reagieren.

Übersetzt man das Genannte in die Betrachtungsweise eines Investors, so kann man Folgendes daraus schlussfolgern:

Zunächst gilt es, die Begrifflichkeit des Investors zu klären. Wir verwenden stets diesen Begriff und nicht „Anleger“, „Kapitalmarkteilnehmer“ oder ähnliches. Ein Investor ist per Definition am langfristigen Erfolg seiner Investitionen interessiert, so wie auch Forstwirte und Familienunternehmen.

Investoren entwickeln häufig eine langfristige Strategie, welche über den Zeitablauf optimiert und den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst wird, jedoch im Kern erhalten bleibt. Dahinter steht der Gedanke, kurzfristig den Markt nicht schlagen zu können. Die Vermutung, durch wiederholt kurzfristiges Agieren am Kapitalmarkt selbigen schlagen zu können, ist ohnehin illusorisch. Alleine die ständige Flut an Nachrichten und Ereignissen, die uns täglich erreichen, machen dieses Unterfangen per se zunichte.

Die Konzentration auf das Wesentliche, Investitionen in Unternehmen die man versteht, eine Strategie, die auf langfristigen Überlegungen beruht und sich auf qualitativ hochwertige Investments fokussiert, sollte jedoch erfolgversprechend sein.

Wer das anders sieht, sollte sich einmal mit Familienunternehmern und Forstwirten unterhalten.

 

 

Lutz Overlack, Head of Sales Deutschland, Österreich, Schweiz

Lutz Overlack ist seit 2010 bei BLI - Banque de Luxembourg Investments für den Fondsvertrieb in der DACH-Region verantwortlich. Zuvor war er Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Banque de Luxembourg in Deutschland. Weitere Stationen waren die American Express Bank in Frankfurt und das Bankhaus Lampe in Düsseldorf.

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